Neueste Rechtsprechung

Arbeitsrecht

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19. März 2025 (10 AZR 67/24): Verfallklauseln in Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, die das Erlöschen bereits „gevesteter“ (erdienter) virtueller Optionsrechte bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers vorsehen, sind unwirksam

Praxis-Hinweis: Arbeitnehmer sollten prüfen lassen, ob ihnen zugesagte Optionen oder Bonus­rechte korrekt behandelt wurden. Arbeitgeber sollten ihre Vergütungs­modelle prüfen.

  1. BAG, Urteil vom 12. Februar 2025 (5 AZR 127/24): Entlassene Arbeitnehmer hatten während der Kündigungsfrist keine Pflicht, „aktiv“ nach einer neuen Stelle zu suchen in dem Sinne, dass der Arbeitgeber den Lohn wegen Nichtbewerbung kürzen darf
    Für Mandanten: Wer freigestellt wird, sollte wissen: oft besteht keine Verpflichtung zur aktiven Jobsuche in einer Weise, die den Lohn gefährdet.

  2. BAG, Urteil vom 19. Februar 2025 (10 AZR 57/24): Wenn variable Vergütung (z. B. Bonus) vom Arbeitgeber nur sehr spät – z. B. nach ¾ der Leistungsperiode – Ziele gesetzt werden, kann der Anspruch auf Bonus als Schadensersatz durchsetzbar sein.
    Für Arbeitgeber: Zielsetzungen und Bonusregelungen müssen rechtzeitig und klar etabliert sein.
    Für Arbeitnehmer: Versäumte Fristen oder unklare Zielvorgaben können Anspruch begründen.

Baurecht

  1. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15. Juli 2025 (EnVR 1/24): Die Erhebung von Baukostenzuschüssen („Anschluss­nutzer“ etc.) für Batteriespeicher (BESS = Battery Energy Storage Systems) durch Netzbetreiber ist zulässig – und diese müssen nach den gleichen Maßstäben berechnet werden wie bei Endverbrauchern.

    Auswirkungen: Betreiber von Batteriespeichern sollten prüfen, ob Zuschüsse korrekt berechnet wurden. Bau- und Projektentwickler im Bereich Energie und Bau sollten Baukostenzuschüsse früh einplanen.

  2. Entscheidung des Landesgericht Berlin vom 13. Mai 2025 (21 U 8/25): Entschied nach Europäischer Gerichtshof (EuGH)-Rechtsprechung, dass auch Vergütungen für nicht erbrachte Bauleistungen nach einer Vertragskündigung Umsatzsteuerpflichtig sein können.
    Hinweis: Bau- und Architektenverträge müssen hinsichtlich Umsatzsteuer bei Kündigungen geprüft werden.

  3. Überblick „Recent Developments in German Construction Law (2025)“: u. a. Einführung des „Gebäudetyp-E-Gesetzes“, neue § 246e BauGB zur Beschleunigung von Wohnungsbau.
    Für Mandanten: In Bauprojekten sind Genehmigungen, Bauleiterpflichten, Vertragsgestaltung in Wohnungsbau zunehmend dynamisch – frühzeitiges rechtliches Mitdenken lohnt.

Marken- / Patentrecht

  • BGH-Entscheidung zur Markenlöschung
    Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine Marke nicht gelöscht werden kann, wenn der Antragsteller zuvor keine Maßnahmen gegen die ältere Marke ergriffen hat.

  • BGH prüft Werktitelschutz für „Miss Moneypenny“
    Der Bundesgerichtshof verhandelt, ob der Name „Miss Moneypenny“ aus den James-Bond-Filmen als Marke geschützt werden kann.

  • Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht
    Es gibt neue Klarstellungen zum Erschöpfungsgrundsatz, der regelt, wann Markenprodukte weiterverkauft werden dürfen.

  • EuGH-Urteil zur Zuständigkeit des UPC
    Der Europäische Gerichtshof entschied, dass das Einheitliche Patentgericht auch für Staaten zuständig ist, die nicht Mitglied der EU sind, wie Norwegen oder die Schweiz.

  • BGH-Entscheidung zur Markenabmahnung
    Eine aktuelle Entscheidung des BGH betrifft die Zulässigkeit von Markenabmahnungen und die Anforderungen an die Begründung solcher Abmahnungen.

Familienrecht

  1. Reform des Unterhaltsrechts
    Ab 2025 gilt das asymmetrische Wechselmodell als Regelfall. Das bedeutet, dass Kinder in der Regel bei beiden Elternteilen leben, sofern dies dem Kindeswohl entspricht.

  2. Flexibilisierung des Namensrechts
    Ehepaare können nun nachträglich einen Doppelnamen wählen, z. B. „König-Berger“ oder „Berger König“. Auch bei Alleinsorge kann der Name des anderen Elternteils hinzugefügt werden.

  3. Erhöhung des Mindestunterhalts
    Der Mindestunterhalt für Kinder wurde angepasst, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen.

  4. Sorgerechtsentzug bei Autismus und ADHS
    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass ein Sorgerechtsentzug bei Kindern mit Autismus oder ADHS nur unter strengen Voraussetzungen zulässig ist.

  5. Einstweilige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
    Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorläufig einem Elternteil übertragen werden kann, wenn der andere Elternteil den Umgang boykottiert.


Erbrecht

  1. Pflichtteilsstrafklauseln
    Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied, dass eine Pflichtteilsstrafklausel in einem Testament wirksam sein kann, wenn sie klar formuliert ist.

  2. Schenkungen und Pflichtteilsergänzung
    Schenkungen an Dritte können den Pflichtteil des Erben erhöhen, wenn sie innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall gemacht wurden.

  3. Testamentarische Verfügungen bei Ehegatten
    Das Oberlandesgericht Köln entschied, dass eine testamentarische Verfügung auch dann wirksam ist, wenn sie nicht notariell beurkundet wurde, solange sie eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist.

  4. Erbschaftsteuer und Pflichtteil
    Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Erbschaftsteuerpflicht auch für Pflichtteilsansprüche gilt, wenn der Erbe das Erbe ausschlägt.

  5. Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
    Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass eine Vorsorgevollmacht auch dann wirksam ist, wenn sie nicht notariell beurkundet wurde, solange sie eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist.

Gesellschaftsrecht

Reform des Beschlussmängelrechts

Das Gesellschaftsrecht erfährt eine grundlegende Reform des Beschlussmängelrechts. Ziel ist es, die Rechtssicherheit zu erhöhen und Missbrauchsmöglichkeiten einzudämmen. Diese Reform betrifft insbesondere Aktiengesellschaften und soll die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland stärken


2. Einführung der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmbH-gebV)

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist die Einführung einer neuen Gesellschaftsform mit gebundenem Vermögen vorgesehen. Diese Rechtsform soll insbesondere für Familienunternehmen attraktiv sein, da sie die langfristige Selbstständigkeit und Unternehmensverantwortung von der Eigentümerfamilie abkoppelt und treuhänderischen Gesellschaftern zuweist


3. MoPeG: Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

Das Personengesellschaftsmodernisierungsgesetz (MoPeG) hat das Recht der Personen- und Personenhandelsgesellschaften umfassend neugestaltet. Ab 2024 gilt das neue Recht umfassend, und die Übergangsfrist läuft Ende des Jahres aus. Unternehmen sollten die verbleibende Zeit nutzen, um erforderliche Anpassungen vorzunehmen


4. Formerleichterungen durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV

Seit dem 1. Januar 2025 gelten im Handels- und Gesellschaftsrecht Erleichterungen bei der Formvorschrift. Das Schriftformerfordernis wird in wesentlichen Bereichen durch die Textform ersetzt. Dies bedeutet, dass statt der eigenhändigen Unterschrift auch die Übermittlung per E-Mail oder Telefax ausreichend ist